USA und ihre Nationalparks
Nachdem wir unser Auto gründlich rausgeputzt und auch von aussen gewaschen haben, um einen möglichst guten Eindruck zu verschaffen, tauchten wir endlich bei der US-Grenze auf. Wir haben unser Ticket für die Fähre für gut 90 Franken erworben und haben dann erstmal etwa eine Stunde auf das Prozedere des Grenzübergangs gewartet. Dieses findet nicht in den USA statt, sondern grösstenteils in Kanada. Nach der Wartezeit, fingen also die Grenzofficer’s an, jedes Auto abzuklappern: Dies ging bei fast allen Autos lediglich 1-2 Minuten. Wir waren gut gestimmt, dass dies bei uns auch so speditiv ablaufen wird, waren aber trotzdem leicht nervös als der Beamte bei uns am Fenster ankam.
Am Anfang war die Fragerei easy: Wie lange seid ihr hier? Wie viel Geld habt ihr? Wohin geht ihr als nächstes? Danach hat das ganze aber eine komische Form angenommen als er uns Dinge über unser Privatleben und so belanglose Dinge wie der Komfort von unserem Hinflug nach Kanada gefragt hat… Nach ca. 20 Minuten haben wir seinen Test aber bestanden und bekamen endlich einen Einreisestempel. Belohnt wurden wir dann auf dem Schiff als wir einige Orcas gesichtet haben. Das war schon länger Sandras Wunsch!
Kaum in Amerika angekommen, haben wir mit dem vielen Autofahren begonnen. Wir haben nämlich einen Flug nach Hawaii gebucht und mussten deshalb in 2 Monaten in Los Angeles sein. Unser Plan ist es, alles westlich bis in den Yellowstone Nationalpark zu fahren und dann südlich, über Utah bis nach Arizona den ganzen Nationalparks entlangzufahren. Danach wollten wir wieder westlich nach Las Vegas, Death Valley, Yosemite Nationalpark und dann über San Francisco nach Los Angeles fahren. Im Gegensatz zu Kanada, in dem wir eigentlich überhaupt keinen Plan oder Vorstellungen hatten, hatten wir in den USA schon ziemlich viel vor, wie wir finden.
Wir haben also schon an unserem ersten Tag eine Strecke von gut 400 km zurückgelegt und dann am Rande vom Mount Rainier Nationalpark geschlafen. Einen der schönsten Stellplätze auf unserer Reise! Neben einem reissenden Fluss, welcher man über Baumstämme balancierend überqueren kann. In einem Wald voller Bäumen, die riesig gross waren und an einem Ort, an welchem zu unserem Glück kein Feuerverbot stattgefunden hat. Wir hatten einen wunderschönen Tag und dann am Abend ein Lagerfeuer angemacht. In den nächsten Tagen sind wir dann ca. 1000 km bis in den Yellowstone Nationalpark gefahren und hatten eigentlich immer wunderschöne Schlafplätze aber auch sehr interessante Landschaften, welche wir durch unser Frontscheibe betrachten konnten. Im Gegensatz zu Kanada, hat man hier nicht konstant nur Wald auf beiden Seiten gesehen, sondern Landschaften, welche verschieden und diverser nicht sein konnten. Oftmals hat sich die Landschaft innerhalb von 30 km komplett verändert: Von Wüste zu dichtem Wald und dann wieder zu einer Steppe, welche sich nach 100 km zu einer Landschaft änderte, welche aussieht wie die italienische Toscana. Zum Teil sind wir durch leicht bewaldete Landschaft gefahren, welche mich an irgendwelche Fantasy Filme erinnert haben und kurz darauf wieder durch trockene Wüste wie in einem Westernfilm. Die lange Fahrt war qualitativ sehr hochwertig und keinesfalls langweilig.
Im Yellowstone angekommen, haben wir uns dann auf die Suche nach einem Schlafplatz gemacht. Dies war um einiges schwieriger als am Anfang gedacht, da der Nationalpark wohl sehr überlaufen sei. Wir haben dann herausgefunden, dass man die Campingplätze entweder 3 Monate im Voraus buchen muss oder man sein Glück bei den «First come first serve» Campings versuchen kann. Die Leute tendieren dort aber zum Übertreiben und stehen ab 4 Uhr morgens in einer Schlange um einen potentiellen Platz zu bekommen. Ihr könnt dreimal raten ob wir uns das gegeben haben… Wir haben uns also einen gemütlichen Platz, ein wenig ausserhalb der Nationalparks gesucht und da geschlafen (und das auch noch gratis). Als wir dann das erste Mal den Park selber besucht haben und dann da auch den ersten Geysir gesehen haben, war der ganze Trubel vergessen.
Yellowstone ist eigentlich ein riesiger aktiver Vulkan, welcher unter dem Boden irgendwelche Gewässer aufheizt. Diese Gewässer sind dann extrem heiss und formen an der Erdoberfläche viele azurblaue Pools, welche oft brodeln und ab und an Wasser rausspritzen.
Die Pools (sogenannte Geysire) laden zum Baden ein, was aber verboten ist, da man sich sofort zu Tode verbrennen würde. Das Spektakel ist eindrücklich für die Augen und auch die Nase. Allerdings haben uns die Massen an Touristen ein bisschen den Appetit verdorben. Ich meine wir können nicht mal was dagegen sagen: Wir sind auch Touristen – 2 von 4.5 Millionen jedes Jahr und alle haben das gleiche Anrecht dort hinzugehen. Trotzdem ist es schade, was die Menge der Menschen anrichtet: Abfall überall, Tiere fühlen sich bedrängt, Menschen halten sich nicht an einfache Regeln und darum ist grundsätzlich alles verboten oder stark eingeschränkt. Schade. In einem Land welches Weltweilt als grosses «westliches» und «fortgeschrittenes» Land angesehen wird – Eine Weltmacht sozusagen. Dazu aber später noch mehr.
Wir haben dann am Abend an einem anderen Eingang des Parks nach einem Schlafplatz gesucht und haben festgestellt, dass es da etwa 14 Plätze gibt, auf welchen man gratis stehen kann. Leider waren alle besetzt und daher haben wir einfach die Plätze abgeklappert und die Leute gefragt, ob wir uns auch dazustellen können. Die Antwort war Nein, bis wir zu einem Platz mit drei älteren Männern kamen. Diese fanden unsere Reise wie so einige andere ziemlich interessant und haben dann zugesagt. 10 Minuten später haben wir uns dann wiedergefunden, beim Aufräumen des Wohnwagens, von einem der Herren namens «Tom». Dieser hat gesagt, dass er kürzlich in diesen Wohnwagen gezogen ist. Wo er vorher gewohnt hat, hat er uns nicht erzählt -> Von der Art der Person und seiner Weise wie er Dinge erzählt, gehen wir davon aus, dass er gerade aus dem Gefängnis entlassen wurden XD Naja was wollten wir machen: Wir konnten schlecht verschwinden und die anderen zwei Männer waren eigentlich normal also haben wir einfach mitgespielt. Der Wohnwagen war ein Riesenchaos und der Mann hatte eine beträchtliche Menge an Küchenutensielen: Sicher 50-100 Messer, unzählige Gabeln, Löffel und drei Waffeleisen. Die Tatsache, dass er keinen Strom im Wohnwagen aber drei Waffeleisen hatte, löste bei uns noch mehr Fragen aus. Für die Strapazen bekamen wir aber ein mittelmässiges Abendessen und danach haben wir mit allen Männern ein paar Bier und eine ganze Flasche von scheusslichem Ouzo getrunken. Eine sehr skurrile Erfahrung wie wir meinen aber auf jeden Fall amüsant zu erzählen.
Wir haben trotzdem noch einige Tage in der Gegend verbracht und haben uns auch zwei Tage in einem wunderschönen National-Wald neben dem Park entspannt. Diese Wälder gibt es überall in Amerika verteilt, und sind eigentlich unsere erste Wahl für Schlafplätze. Die Wälder sollten zur «Erholung» der amerikanischen Bevölkerung dienen und umfasst eine Fläche die grösser ist als die Schweiz, Deutschland und Polen zusammen. Meistens sieht man keine anderen Menschen in diesen Wäldern und diese werden auch durch ein paar Rangers geschützt, dass die Menschen nicht zu fest darin toben und alle Wälder abfackeln. Was wir auch cool finden, ist das in den Wäldern nicht geschossen werden darf und wir uns somit ein wenig sicherer fühlten.
Nach unserer Yellowstone-Erfahrung ging es direkt weiter Richtung Grand Teton Nationalpark, welcher sich unmittelbar neben dem Yellowstone befindet. Da wir sowieso auf ein Paket warten mussten, welches von Yannics Mutter in den Nationalpark gesendet wurde, haben wir uns dazu entschieden eine zwei Tages Wanderung zu machen. Die geplante Route ging über einen Aufstieg von 1300 Meter und einer Strecke von 20 km zu unserem Schlafplatz, von welchem man dann am nächsten Tag über einen 25 km langen Weg zurück zum Auto gelangen kann. Gesagt getan: Der Aufstieg war wie prophezeit ziemlich anstrengend – Wahrscheinlich auch aufgrund unseres Gepäcks mit Zelt, Isomatten und Schlafsäcken. Am Schluss des Tages waren wir ziemlich Platt. Wir waren nur so mittelmässig erfreut, dass wir unmittelbar neben unserem Schlafplatz Bärenscheisse gefunden haben. Komisch war auch, dass wir einen grossen Müllberg mitsamt, Essensgeschirr, Kocher, Lampe, Säge und 4 leeren Benzinkanistern gefunden haben. Es hat so ausgesehen, als ob jemand schlagartig den Platz verlassen hatte. Aber Energie hatten wir keine mehr also haben wir einfach da geschlafen. Einen Bären oder andere Menschen haben wir zum Glück bis zum nächsten Morgen nicht gesehen. Von da an haben wir uns mit Muskelkater zurück zum Auto geschleppt und waren dann auch ganz froh über eine kühle Cola und später auch ein Bier. Wir könnten uns das schon vorstellen noch einmal eine längere Wanderung zu machen aber dann mit kürzeren Routen.
Das Paket ist mittlerweile pünktlich angekommen, so dass wir weiter Richtung Salt Lake City in Utah reisen konnten. Der Grund für diesen Ort war für uns primär das Gleitschirm fliegen. Der Ort ist für seinen guten Wind zum Soaren bekannt. Salt Lake City ist auch noch bekannt für eine Kirchgemeinde, welche im Volksmund unter den «Mormonen» bekannt ist. Wir haben uns dann auch den Haupttempel mit einer gratis Führung angesehen, konnten uns aber nicht so wirklich für diese Welt begeistern. Die Damen, welche die Führung gemacht haben, waren ziemlich aufdringlich und so hat sich das ganze eher nach einer Missionierung als nach einer Führung angefühlt. Naja: Da ist ja noch das Gleitschirm fliegen.
Wir gingen zum Berg und nach einer kurzen Beobachtungphase hat sich Yannic auch schon in die Luft getraut. Nach 5-10 Minuten war er dann auch schon 1000 Meter über dem Startplatz -> Ein sehr geiles Gefühl, wenn man 3 Wochen nicht in der Luft war. Wir haben die kommenden 5 Tage mit Fliegen verbracht. Jeden Tag waren wir zwischen 3 und 6 Stunden mit dem Gleitschirm in der Luft oder am Boden. Konstanter Wind von 25-35 km/h, welcher bestens zum Fliegen geeignet ist, obwohl er ziemlich stark war. Gelernt haben wir flugtechnisch enorm viel in dieser Zeit.
Mit einem lachenden und einem weinenden Auge, sind wir dann aufgebrochen auf unser nächstes Abenteuer in Utah und Arizona. Wir wollten hier zwei Nationalparks in Utah mit ihren bekannten roten Felsen und natürlich auch den Grand Canyon anschauen. Wir fuhren also innerhalb von einem Tag zum «Capitol Reef Nationalpark» und haben da erstmal vor dem Nationalpark bei einer wunderschönen Oase mit rotem Sand und einigen saftig grünen Bäumen neben einem Fluss geschlafen. Am nächsten Morgen gings dann ans Erkunden des Nationalparks. Wir machten zwei kleine Wanderungen und fuhren sonst zwischen den massiven orangen Felsen durch und genossen die Landschaft mit vollen Zügen. Es war wieder einmal eindrücklich, wie unterschiedlich und wechselhaft die Landschaft von Amerika sein kann.
Nach einer zweiten Nacht neben dem Nationalpark sind wir weiter in Richtung «Bryce Canyon Nationalpark» gefahren. Die Strecke führte über ein «National Monument», was eigentlich nichts anderes als ein Nationalpark ist. Die Strasse war hoch zwischen zwei riesengrossen Canyons. Man fuhr auf dieser Strasse (ohne Leitplanken) und auf beiden Seiten ging es 500 Meter runter. Im Tal zwischen den roten Felsen, wuchsen dann viele Bäume neben dem kleinen Fluss, welcher sich entlang des Tales schlängelt. Ein wunderschöner Anblick und eines unserer Highlights auf dem Weg durch Utah. Allein die Fahrweise der anderen Verkehrsteilnehmer hat uns manchmal die Stimmung genommen. Das Problem hier ist oft, dass wir zu langsam fahren, weil unser Auto entweder nicht schneller kann oder weil wir auf der Autobahn einen besseren Verbrauch fahren wollen. Für dieses Fahrverhalten, bekommen wir täglich Mittelfinger oder auch Aktionen wie Ausbremsen unseres Fahrzeuges nach dem Überholen oder sogar abdrängen ab der Fahrbahn. Wir verstehen die Aggression der Leute nicht wirklich, da diese oft nur einige Sekunden verlieren oder dass wir sie sogar wieder treffen vor der nächsten roten Ampel. Es gibt viele freundliche Menschen hier aber in solchen Momenten fühlen wir uns jeweils alles andere als Willkommen.
Na gut: Wir sind dann nach der wunderschönen Strecke im Bryce Nationalpark angekommen und sind zuerst mal zu einem Aussichtspunkt gefahren. Der Park ist bekannt für die wunderschönen Ausblicke, welche aussehen, wie wenn man eine Tropfsteinhöhle auf den Kopfgestellt hat. Hunderte von dünnen, orangen Türmen, welche sich in die Höhe stellen und einigen Naturbrücken aus rotem Felsen. Landschaften wie aus dem Bilderbuch!
Wir fanden die erste Hälfte von unserem USA-Aufenthalt landschaftlich äusserst spektakulär. Die Diversität der Bilder, welche man dort sehen kann, ist unvergleichbar. Es sind halt auch sehr viele Landschaftsbilder dabei, welche komplett anders aussehen als bei uns in Europa. Trotz der vielen lieben Menschen, die wir kennengelernt haben, haben wir im Vergleich zu Kanada auch viele oberflächliche Arschlöcher im Strassenverkehr und in der Gesellschaft getroffen. Die Kriminalität und die Anzahl der Obdachlosen sind auch um einiges höher und wir haben uns gerade in der Nähe von Städten nicht immer sicher gefühlt. Vor allem nicht, wenn wir das Auto stehen gelassen haben und irgendwo ohne Auto hin gegangen sind. Wir haben viele Schüsse gehört, mitbekommen, dass es hier die Todesstrafe gibt und das Abtreibung illegal wird. Uns wurde erzählt, dass schwerverletzte Leute nicht wollen, dass man das Krankenauto ruft, weil sie dann das Leben lang verschuldet sind. Eine Geburt kostet ca. 40`000 Dollar und dass die Leute aufgrund von mangelnder Krankenversicherung oft selbst die Kosten tragen müssen. Die politischen Fronten sind hart und so spaltet sich auch die Bevölkerung auf. Es gibt nur rechts oder links aber nichts dazwischen und das finden wir mehr als fragwürdig. Wenn man diese Aspekte beobachtet, haben wir uns oft nicht in einem westlichen «erst-welt-Land» gefühlt. Wir finden es eindrücklich wie in ein Land, in welchem so viel erfunden und konzipiert wird, in einigen Aspekten so zurückgeblieben sein kann.
Wir sind mittlerweile schon weitergereist, aber werden unsere Impressionen bis zur mexikanischen Grenze in drei Wochen veröffentlichen.