Langsames Reisen in Beautiful British Columbia
Als wir gut zwei Wochen im Banff und Jasper Nationalpark verbracht hatten, mussten wir uns über die nächsten geografischen Ziele unserer Reise schlau machen. Entweder gehen wir wie geplant Richtung Norden in die Provinz Yukon und bis hoch zum arktischen Meer oder wir werfen die Pläne über Bord und geniessen die restliche Zeit in British Columbia. Zum einen ist der Weg hoch in den Yukon ziemlich teuer -> Wenn wir mit den gleichen Ausgaben wie bisher rechnen, kommt uns der Weg und die extra Zeit, welche wir benötigen würden etwa 7000 Franken zu buche. Zum andern würden wir aber auch den Norden von Kanada verpassen und wir könnten nicht behaupten, dass wir von «Alaska bis Ushuaia in Argentinien» gefahren sind. Wir haben uns einige Abende den Kopf darüber zerbrochen, haben dann aber entschieden, dass wir das Geld lieber in die Dauer unserer Reise investieren würden und wir eigentlich sowieso niemandem etwas beweisen müssen. Da wir auch nur mässig Lust hatten in 2 weiteren Monaten nochmals 10`000 Kilometer zu «verballern», fühlte es sich richtig an, einen weiteren Monat langsam in BC (British Columbia) zu reisen und mehr Zeit für uns zu haben.
Wir zogen also erneut los und fuhren vom Japser Nationalpark langsam runter Richtung Clearwater mit dem Plan, endlich mal Gleitschirm fliegen zu können. Unser Plan langsam zu reisen und auch mal nichts zu unternehmen setzten wir in die Tat um. Nachdem wir innerhalb von einer Woche 2000km durch die Prärie gebrettert sind um danach fast zwei Wochen jeden Tag eine Wanderung oder sonst eine «sight-seeing» Tour zu unternehmen, fühlte sich das langsame Reisen sehr entschleunigend und gut an. Wir beschränkten unsere Autofahrten auf 50 km pro Tag. Wir übernachteten zwei Nächte auf einem Provincialpark ohne Internet und haben die Zeit mit Kuchen backen, Auto rausputzen und lesen verbracht. Danach haben wir einige Nächte an einem ausgetrockneten See und einigen gefüllten Seen verbracht. Wir haben unsere deutschen Freunde mit ihrem VW T3 Syncro wieder getroffen und haben sonst die Zeit auf dem Weg zwischen Jasper und Clearwater für uns selber genossen. Oft hatten wir kein Internet, also haben wir viel geredet, geschwiegen, Feuer gemacht, gelesen oder sogar mit dem Nintendo gespielt.
Nach einer Woche und etwa 200 km sind wir dann in Clearwater angekommen wo wir endlich unseren ersten kanadischen Gleitschirmflug durchführen sollten. Da ich in einem neuen und ausländischen Gebiet fliege, und ich das Wetter hier nicht gut kenne, habe ich einen lokalen Piloten von Clearwater kontaktiert. Dieser hatte meine Wetterrecherchen bestätigt und gemeint, dass er dann morgen auch an den Berg kommen würde und mit uns fliegen wird. Da es an diesem selben Tag aber noch aufgehört hat in Strömen zu regnen und sogar die Sonne hervorgekommen ist, haben wir entschieden heute sogar noch einen Abendflug zu machen. Wir fuhren also den Berg hoch und Yannic machte sich für den Flug bereit, während Sandra mit «Appa» wieder heruntergefahren ist, um Yannic wieder abzuholen und das Ganze in umgekehrter Rollenverteilung noch einmal durchzuführen. Yannic ist also erfolgreich gestartet: Der Wind in der Talmitte war deutlich stärker als deren Anzeichen und dementsprechend auch stärker als angenommen. Durch die richtige Strategie habe ich es aber trotzdem zum Landeplatz geschafft. Sandra wollte unter diesen Umständen nicht fliegen also sind wir zum Schlafplatz und haben übernachtet. Am nächsten Tag flogen wir mit dem lokalen Piloten und der Wind hat sich anscheinend auch ein bisschen gelegt. Wir hatten sehr schöne, wenn aber auch kurze Flüge da es bewölkt war und es deshalb unmöglich war mit thermischen Winden aufzusteigen.
Nach diesen eineinhalb Flugtagen wurde das Wetter wieder regnerisch, also gingen wir weiter Richtung Pemberton. In drei Tagen sollte das Wetter dort für mindestens zwei Tage gut sein. Als wir eine Station von Clearwater entfernt waren, haben wir (dank den deutschen Freunden mit dem Syncro) bemerkt, dass unsere vorderen Reifen auf der Seite merklich mehr abgefahren waren als der Rest des Reifens. Die logische Schlussfolgerung war also, dass unsere Spur relativ stark verstellt war. Also fragten wir in Clearwater bei der einzigen Garage nach, ob sie das machen könnten, aber diese hatten nicht wirklich Zeit oder Lust dafür -> Wir sollten weiter in die nächstgrössere Stadt fahren, welche ca. 100km entfernt ist. Gesagt getan und dort sind wir direkt zu einer Reifenvertriebsfirma gefahren, welche die Spur einstellen konnte. Die Stunde Arbeit hat uns 240$ gekostet aber es ist immerhin günstiger als ein Satz neuer Reifen ..
In Pemberton angekommen haben wir uns wieder mit dem lokalen Flugclub in Verbindung gesetzt und konnten sogar mit ihrem Shuttle auf den Berg mitfahren. Das coole an diesem (bekannteren) Fluggebiet war, dass der Höhenunterschied zwischen Start und Landeplatz ca. 1200 Meter ist und somit die Flugzeit auch ohne Thermik schon relativ lang war. Am ersten Tag ging thermisch nicht wirklich viel aber wir konnten trotzdem einen 30 minütigen Flug absahnen. Am zweiten Tag konnte ich sogar den Startplatz um 500 Meter überhöhen und einen langen Flug zu einem alternativen Landeplatz bei einer Bierbrauerei ansteuern. Die ganzen Piloten verabreden sich nach ihren Flügen jeweils in dieser Brauerei zu einem Feierabendbier und das war ideal da wir nicht noch extra zur Brauerei fahren mussten. Am Schluss nach ein paar Bieren wurden wir auf der Ladefläche eines Pickups wieder zurück zum «normalen» Landeplatz fahren. Übrigens sind wir auch auf den Ladeflächen des Pickups zum Startplatz gefahren xD
Nach den tollen Tagen und coolen neuen Bekanntschaften hiess es für uns noch die letzten 100 km bis zur Westküste und nach Vancouver zu fahren. Ein Lächeln zog sich über unsere Gesichter als wir das erste Mal das Meer zu Augen bekommen haben. Etwa 8000 km sind wir gefahren und das einmal quer durch Kanada von der Ost-, zur Westküste im zweitgrössten Land dieser Erde. Wir sind kurz darauf in Vancouver bei einem Parkplatz an einem Strand westlich von Vancouver angekommen. Der Ort wurde uns von einem Deutschen namens Thomas empfohlen, welcher das gleiche Auto wie wir haben. Ich habe zuvor schon viele Blogposts von Thomas gelesen und sein Auto schon auf sehr vielen Bildern gesehen -> Ich glaube das der Blog von diesem Typen der zweitgrösste Blog ist, von einem Mitsubishi L300 Fahrer. Wir parkten also direkt neben ihm und hatten einige nette Unterhaltungen in den kommenden Tagen. In diesen Tag haben wir auch die großartige Stadt Vancouver entdecken dürfen. Irgendwie hatten wir langsam das Gefühl, dass die meisten Städte, auch interkontinental, sehr viel gemeinsam haben. Das Leben funktioniert überall etwa gleich, aber trotzdem hat jede Stadt ihren eigenen Vibe. Wenn ich den Vibe von Vancouver beschreiben müsste, würde ich ihn als grüne, gemütliche, chillige Metropole bezeichnen.
Thomas hat uns von einer «Offroad Rally» welches mehr ein Festival als ein Rally ist, erzählt. Dieses findet in zwei Tagen statt und da sollte es einen Rabatt geben, für Langzeitreisende aus anderen Kontinenten. Er gab uns den Kontakt vom Veranstalter und dem haben wir dann auch unsere Geschichte geschrieben und nach dem Rabatt gefragt (da das originale Ticket 350$ kosten sollte). Kurz darauf bekamen wir folgende Antwort: «We would like to offer you free Tickets». Wir fuhren also kurzentschlossen 200 km zu diesem Festival und wurden vom Veranstalter persönlich begrüsst und zu einem Camp mit anderen sehr erfahren Langzeitreisenden gesteckt, welche alle einige Vorträge auf dem Festival hielten. Wir haben direkt Freundschaft mit diesen Leuten geschlossen und hatten einen grossartigen ersten Abend. Wir haben auch rausgefunden, dass es jeden Abend für zwei Stunden bei einer Happy Hour gratis Bier gab. Nach dieser Happy Hour war jeweils die Tombola bei welcher man als Festival-Teilnehmer diverse Sachen und unter anderem auch Sachen wie Dachzelte oder Seilwinden gewinnen konnte. Dies lief so ab, dass man ein Ticket bekommen hatte mit einer Nummer. Ein Sprecher in der Mitte ruf dann die Zahl auf und falls man die gleiche Zahl hatte, bekam man den Preis. Falls sich niemand mit der gleichen Ticketnummer gemeldet hatte, wurde das Ticket unter lauten Schreien «BURN IT!» in einem Feuer verbrannt. Niemand hat jemandem etwas gegönnt und daher schrien alle direkt nach dem Aufruf der Zahl schon laut «Burn it» in die Menge -> Ich glaube das ist das amerikanischste was ich je erlebt habe XD
Wir haben in den kommenden Tagen einen Offroad-Weg mit unserem Bus hingelegt und diesen fast auf die Seite gekehrt und bei diversen Reisevorträgen mitgelauscht. Wir haben sogar bei einem Vortrag von unseren Freunden mit dem Titel «Survive travel as a couple» auch vorgetragen. Das Festival war eine super coole Abwechslung für uns und die Bekanntschaften die wir schliessen konnten, werden auf jeden Fall sehr nützlich sein. Wir kennen jetzt Leute, welche auch schon nach Südamerika gefahren sind und haben Kontakte welche Kontakte in diversen Ländern haben… Obwohl wir nur drei Nächte mit diesen Leuten verbracht haben, kamen wir uns in den nächsten Tagen ein bisschen einsam vor.
Wir haben mittlerweile entschieden, nochmals etwa eine Woche auf dem Festland zu verbringen und danach auf «Vancouver Island» zu schiffen. Wir haben die Woche auf abgelegen Wildcampingplätzen bei irgendwelchen Bergseen und noch einmal drei Tage in Vancouver verbracht. Die abgelegenen Plätze waren ausserordentlich idyllisch und von der Aussicht dem Seealpsee von Appenzell ziemlich identisch. Der einzige Unterschied zum Seealpsee war, dass die wenigen Leute, die dort oben anzufinden waren, ihre Motorboote und Jetskis mitgenommen haben. Bei einigen Dingen bin ich schon froh, dass die Gesetze bei solchen Dingen in der Schweiz ein wenig strenger sind! Wir haben noch einmal ein Tag mit Gleitschirmfliegen verbracht und sind danach wieder in die Stadt Vancouver gefahren. In Vancouver haben wir den Nationalfeiertag von Kanada mitgefeiert und noch einmal ein paar Tage im Stadtleben genossen.
Am letzten Tag in Vancouver hatten wir ein weniger erfreuliches Erlebnis. Da es an diesem Ort des 3 km langen Parkplatzes relativ laut war, haben wir den Parkplatz gewechselt und haben uns unter eine Eiche gestellt und relativ schnell geschlafen. Sandra ist auch eingeschlafen und wieder aufgewacht da sich draussen jemand sehr laut unterhalten hat und es auf einem extrem hell war. Sie hat die Schiebetür vom Bus aufgemacht und gemerkt, dass das Auto mit einem Parkplatz Abstand schon voll in Brand war. Sie hat die Schiebetür wieder zu geknallt und hat mich geweckt und ich bin in Sekundenschnelle zum Fahrersitz gerannt, während die Polizei geschrien hat : «Get out of your fucking car!». Ich konnte ausparken und 40 Meter wegfahren. Wir standen vor dem Auto und konnten zuschauen, wie das Auto ausgebrannt ist mit kleineren und grösseren Explosionen bis nach etwa 10 Minuten dann die Feuerwehr kam. Nachdem der Brand gelöscht wurde, kam die Polizei und fragte, ob es uns gut ging. Komischerweise hat sie nichts nachgefragt, ob wir was zur Sachlage wüssten oder so. Was uns ein bisschen nachdenklich gestimmt hat war, dass uns niemand weckte oder aus dem Auto holte -> Es war offensichtlich, dass wir im Auto schliefen und es hatte sicher noch 30 andere Wohnmobile auf dem Parkplatz…
Der Wecker hat um halb Vier geklingelt da unsere Fähre um 5.10 Richtung Vancouver Island fahren wird. Wir haben uns für diese Zeit entschieden, da die Fähre 40$ günstiger war als zu jeder anderen Zeit. Die ersten 40 Stunden auf Vancouver Island hat es ununterbrochen in Strömen geregnet deshalb sind wir ins Kino gegangen und haben viel Zeit am Handy oder in Büchern verbracht. Als es endlich aufgehört hat zu regnen, sind wir das erste Mal in den dichten Regenwald von der Insel gefahren. Die unglaublich grossen Bäume haben uns zu tiefst beeindruckt und wir haben uns wie Zwerge gefühlt. Bis zu 80 Meter hoch und 9 Meter rund werden die Bäume. Neben den riesigen Bäumen wächst der Farn meterhoch und wird manchmal von einem Fluss unterbrochen. Die Landschaft war komplett anders als auf dem Festland und es hat sich angefühlt als sei man irgendwo in den Tropen. Die Luftfeuchtigkeit war ebenfalls sehr hoch -> Allein die Temperaturen waren nicht ganz so warm wie in vielen andere Regenwäldern. Wir fuhren dann auch zum Surfmekka von Kanada «Tofino», welcher uns alle empfohlen haben. Als wir ankamen und alle Campingplätze zwischen 70 und 120 Franken kosteten und Wildcamping mit mindestens 250 Franken bestraft wird, haben wir uns kurzentschlossen entschieden, wieder von da wegzufahren. Wir waren noch kurz im lokalen Regenwald vom «Pacific Rim Nationalpark» und haben eine kurze Wanderung darin unternommen. Erneut kamen wir aus dem Staunen nicht heraus, wie grün und tropisch sich Kanada anfühlen kann.
Wir haben also noch weitere Teile der Insel und des Regenwaldes erkundet und sind mittlerweile im Süden der Insel angekommen. Wir haben jetzt ein Schiff gebucht, welches direkt von der Insel in die USA fahren sollte. Wir haben jetzt über 3 Monate in Kanada verbracht, 9 Provinzen durchquert, 11’000 km zurückgelegt, 1300 Liter Diesel verbrannt und viele tolle Tage und Nächte in der Wildnis verbracht. Wir haben einen Elch, 11 Bären und unzählige andere grosse und kleine Tiere in freier Wildbahn gesehen. Kanada war ziemlich teuer und wir konnten nicht wirklich viele Unternehmungen und «klassische» Sehenswürdigkeiten anschauen, da hier nichts gratis ist. Wahrscheinlich haben wir aber genau darum mehr vom Land sehen können, wie es wirklich ist. Das Land ist riesengross und dementsprechend auch vielfältig – Die Natur von Kanada ist etwa so wie man sich es vorstellt: unglaublich schön und grenzenlos!
Wir waren lange Zeit ein wenig verwirrt und die Reise hat sich nicht so angefühlt, wie wenn wir jetzt für längere Zeit von zuhause fort sein werden. Wir waren beide noch nie so lange von zuhause fort, aber langsam sind wir auf der Reise und in unserer fahrenden Unterkunft angekommen!