Kanada: Ein Land mit vielen Bäumen und wenig Menschen
Da waren wir also: 26. April am frühen Morgen hiess es, dass wir unseren Bus nun endlich am Hafen abholen können. Unser Couchsurfing-Gastgeber «Youji» war so lieb und fuhr uns zwischen den verschiedenen Stationen hin und her, damit wir kein teures Taxi zahlen mussten. Wir gingen also zuerst zu einem ominösen Hotel ausserhalb der Stadt, wo wir von unseren Agenten die Frachtpapiere bekommen haben. Mit diesen Frachtpapieren mussten wir dann zum Zoll, welcher uns ein paar Fragen stellte und uns nach ein paar Minuten die Einfuhrpapiere bereit stellte. Mit diesem ganzen Papierkram fuhren wir dann zusammen mit einem anderen «Traveller», welchen wir aufgegabelt haben, zum Hafen. Da konnten wir dann mit Leuchtwesten bekleidet den Hafen betreten und konnten da unseren ersten Blick auf Appa werfen. Nachdem wir den Papierkram am Hafen erledigt haben, mussten wir nur noch unseren Bus auf Beschädigungen inspizieren und konnten dann endlich aus dem Hafen rausfahren 😁. Nachdem wir getankt, eingekauft und unsere Sachen bei Youji abgeholt haben, konnte unserer Reise richtig beginnen.
Aller Anfang war schwierig
Am ersten Tag haben wir nicht weit von Halifax, hinter einer Feuerwehrwache geschlafen, da wir nach diesem ereignisreichen Tag auch ziemlich erschöpft waren. Die erste Nacht war sehr kalt und mitten in der Nacht hat es zu regnen begonnen. Am nächsten Morgen haben wir noch nicht geahnt, wie lange der Regen und die Kälte noch andauern wird: Wir fuhren also ein paar Stunden in den Norden, wo wir inmitten eines Offroadtracks einen guten Schlafplatz hatten. Da der Platz inmitten eines Waldes war, und wir noch nicht so abgestumpft waren, zuckten wir bei jedem Geräusch zusammen und dachten da kam ein Bär 🤣. Dieses Gefühl hatten wir auch die nächsten Wochen immer mal wieder aber nicht mehr so extrem. Der Regen hat nicht aufgehört, und dies sollte nach Wettervorhersage in den nächsten Tagen auch so bleiben. Wir beschlossen also in den nächsten Tagen ein bisschen Strecke zu machen und ins wetterstabile Quebec zu fahren. Gesagt getan: Wir fuhren also etwa 800 km durch mal mehr und mal weniger Regen und zwischenzeitlich auch durch 20 cm tiefen Neuschnee. Die Temperatur ging in der Nacht fast immer unter null und am Tag stieg das Thermometer eigentlich nie über 10 Grad, währenddessen wir Bilder von der Schweiz mit 25 Grad bekommen haben. Ehrlich gesagt waren wir zu dieser Zeit ein wenig deprimiert, da wir uns das Ganze im Mai schon ein wenig anders vorgestellt hatten.
Nun waren wir aber auf einmal in der Provinz Quebec angekommen und das Wetter war tatsächlich um einiges schöner und wärmer als bis anhin. Wir haben die Tage an der Küste Quebecs sehr genossen. Wir haben viel Zeit mit Faulenzen, Spazieren und Kochen verbracht. Langsam aber sicher waren wir dann auch wieder in einer urbanen Gegend unterwegs, bis wir dann Quebec City besucht haben.
Drei grosse Städte
Das Besuchen einer grösseren Stadt in einem Bus ist nicht gerade das Einfachste, vor allem nicht bei der ersten Stadt.. Wir haben uns also einen Parkplatz in der Stadtmitte gesucht und wollten da «Undercover» Campen.. Das Undercover hat leider nicht geklappt als und am nächsten Morgen die Security darauf hinwies, dass man hier nicht schlafen darf, aber leider haben wir ja schon geschlafen 😝 Die Stadt Quebec war zwar schön aber für uns Europäer nicht wirklich was Spezielles und nach einem guten Tag hatten wir auch schon alles Wesentliche abgehakt. Wir beschlossen, gemütlich weiter nach Montreal zu ziehen.
Da wir nun schon mehr Erfahrung mit Campen in der Stadt haben, beschlossen wir, dass wir hier nicht mehr weggeschickt werden möchten. Ein Local hat uns erzählt, dass der Einkaufsladen «Walmart» anscheinend toleriert, wenn man auf ihrem Parkplatz steht. Dies hat dann auch alle 3 Nächte in Montreal gut funktioniert. Montreal ist im Gegensatz zu Quebec City um einiges moderner und interessanter in unseren Augen. Die Stadt ist ziemlich gross und es gibt auch mehrere Tage etwas zu tun. Wir haben uns mit feinen Restaurants, anderen Reisenden, einer Wanderung auf den Hausberg und vielen Bieren in den Bars von Montreal beschäftigt. Nach drei Tagen in der Stadt waren wir aber auch froh, uns wieder mal in die Natur zurückzuziehen.
In den nächsten Tagen sind wir also am St. Lorenz Strom entlang der US-Grenze gefahren und standen oft an wunderschönen Plätzen, auf welchen wir für uns alleine waren. Wir konnten jeweils die ganzen Tage in vollen Zügen geniessen und den Abend mit einem Lagerfeuer ausklingen lassen. Zwischendurch haben wir uns auch mal mit Franzosen getroffen, welche wir über Instagram kennengelernt haben. Im Frontenac Provincial Park haben wir einen gemütlichen Abend zusammen verbracht -> In diesem Park gingen wir am nächsten Tag dann Wandern und haben eine grosse Schildkröte, Koyoten und dutzende Schlangen und Eichhörnchen gesehen, welche in einem Meter Entfernung gemütlich ihre Nüsse knabberten.
Langsam aber sicher näherten wir uns dann unserer letzten und grössten Stadt für längere Zeit. Da uns Toronto im ersten Moment ziemlich überfordert hat, fragten wir einen lokalen Couchsurfing-Host ob er einige Tipps für uns habe. Kurz darauf hat er entschlossen, uns die Stadt persönlich zu zeigen. Er zeigte uns also die typischen Wahrzeichen, Chinatown und sonstige Interessante Orte in der Stadt. Am Abend sind wir dann zusammen an ein Publicviewing der heimischen Eishockey-Mannschaft Toronto Maple Leafs gegangen. Leider haben diese das Spiel verloren und somit wurde das entscheidende Spiel zwei Tage später ausgetragen. Zwei Tage später haben wir uns dann nochmal mit dem Couchsurfing-Host getroffen um bei seinen Freunden, das Hockey-Match zuschauen. Die ganze Stadt war aus dem Häuschen und das einzige Thema, von welchem wir mitbekommen haben, war dieses Hockey-Match -> Die Stimmung war dann dementsprechend auch auf dem Boden als die «Maple Leafs» das entscheidende Spiel verloren haben.
Endlich zurück in der Natur
Nach drei Städten innerhalb von zwei Wochen hatten wir langsam wirklich genug von öffentlichen Parkplätzen und den vielen Leuten. Wir freuten uns endlich wieder abseits der Zivilisation zu leben und zu reisen. Eine Sehenswürdigkeit wollten wir uns aber trotzdem nicht entgehen lassen und das sind die Niagara Falls. Nach zwei Stunden mit den anderen Tausenden Touristen hatten wir aber auch schon keine Lust mehr und sind wieder gegangen ..
Unsere grobe Routenplanung besagt ja, dass wir in Kanada bis zur Westküste fahren wollen. Um dieses Ziel zu verfolgen, müssen wir zuerst ziemlich weit in den Norden fahren, da wir momentan nicht in die USA einreisen wollen. Auf dem Weg dahin werden die Autos von Tag zu Tag weniger. Zwischendurch sieht man für eine halbe Stunde kein Auto im Gegenverkehr. Übernachten können wir eigentlich inmitten von der Natur und abseits von jeglichen Menschen. Wir sind also bis an den Lake Superior gefahren, welcher flächenmässig der grösste Süsswassersee der Welt ist. Da haben wir uns mit einem Deutschen Pärchen getroffen, welches etwa den selben Plan hat wie wir. Es tat gut, wieder mal mit anderen (deutschsprachigen) Leuten Zeit zu verbringen und sich zu unterhalten. Wir gingen dann auch zusammen in einen Nationalpark und teilten uns da für zwei weitere Nächte die Parzelle im Campingplatz. Der Nationalparkbesuch im Campingplatz war unser erster bezahlter Schlafplatz, aber es hat sich auf jeden Fall gelohnt. Es war wie Ferien in den Ferien, ohne Aufwand zu Duschen, zu Kochen und Wasser zu besorgen. Wir unternahmen ein paar schöne Wanderungen und genossen die Zeit.
Kanadische Prärie: Viel Strecke aber wenig zu sehen
Wir haben inzwischen bemerkt, dass gut ein Monat (also ca. ein Drittel unseres Kanadaaufenthaltes) verstrichen ist und wir erst ein Bruchteil der Strecke zurückgelegt haben. Wir wussten, dass nun nach dem Lake Superior die Prärie begann und laut den Einheimischen gibt es da nichts zu sehen ausser Landwirtschaft. Wir beschlossen also jeden Tag 400 km zu fahren und die 2000 km innerhalb von 5 Tagen zu absolvieren. Am Anfang der Route war noch ein wenig Wald, in welchem wir unsere ersten zwei Bären in freier Wildbahn gesehen haben. Ich mag mich noch speziell gut an diesen Moment erinnern als wir hektisch die Kamera einschalteten und mit viel Adrenalin im Blut und einem Lächeln im Gesicht den Moment festgehalten haben. Vor lauter Hektik wurden die Fotos nicht wirklich gut aber nach dem Ereignis waren wir beide sehr glücklich 🙂.
Die Tage in der Prärie waren wie von den Einheimischen beschrieben: Lange gerade Strassen, kein Verkehr und hunderte Kilometer mit dem selben Blick. Auf der linken und rechten Seite waren Felder. Manchmal sah man einen grossen Traktor und alle paar hundert Kilometer tauchte ein kleines Dorf am Horizont auf. Nach Rund 1200 km beschlossen wir einen Tag Umweg zu machen und da zwei Tage Pause im «Grasslands-Nationalpark» zu verbringen. Die Landschaft im Nationalpark war zu unserer Überraschung wie von einem anderen Land. Es sah eins zu eins aus wie in einem Westernfilm und eine Willkommene Abwechslung zum tristen Alltag in den letzten Prärietagen. Was wir auch nicht wussten: Die Nächte in dem Nationalpark waren welche von den dunkelsten, welche man in ganz Nordamerika finden kann. Der Park ist so abgelegen, dass keinerlei Lichtverschmutzung zu sehen ist und darum sollte der Nachthimmel hier unvergleichbar gut aussehen. Zu unserem Glück tauchten in der Nacht auf einmal Nordlichter auf. Das Spektakel war zwar wunderschön und sehr speziell für uns -> Leider haben diese aber so viel Licht generiert, dass man den Sternenhimmel nicht mehr wirklich sehen konnte. Für uns war das nicht so schlimm, aber für die ganzen Astronomen, welche extra für die Leermond-Nächte angereist waren, war das ziemlich ärgerlich 🤣.
Nun befinden wir uns im letzten Abteil der Prärie und werden in den nächsten zwei Tagen die Rocky Mountains von Kanada erreichen. Wir freuen uns sehr auf diesen Teil der Reise, da wir hier vielleicht mal wieder unsere Gleitschirme benutzen können.
Im Allgemeinen hat uns Kanada bis jetzt sehr gut getaugt. Die Leute hier sind ausgesprochen freundlich und hilfsbereit! Wir haben es geliebt, von Kanadiern nach Hause eingeladen zu werden und mit feinen Burgern und Bier verköstigt zu werden. Das Leben hier ist ziemlich klischeehaft: Es ist alles Gross und die Kanadier legen da auch viel Wert drauf. Mit dem «Gross» meine ich aber nicht nur das Land, sondern vor allem alles drum herum: Die Portionen im Restaurant und im Supermarkt sind (zu) gross und es gibt kein Kanadier ohne riesen Pickup und dazugehörigem 10 Meter langem Wohnwagen. Die ersten Wochen im Camper waren vielleicht schwer aber die darauffolgenden Wochen war dafür umso schöner, da wir das Wetter zu schätzen lernten.